Wenn Kinder Eltern erziehen oder Die Entmachtung der Eltern

Ich muss mich immer furchtbar aufregen und finde es unfassbar, wenn Eltern ihre erwachsenen Kinder dominieren, sie einteilen, über sie bestimmen, sie emotional missbrauchen. Ja, ich sag sogar, terrorisieren.


Was meine ich damit?

Ich höre und sehe immer wieder, wie erwachsene Kinder unter ihren Eltern leiden. Das sind aber noch nicht pflegebedürftige, demente Eltern. Nein, die stehen noch voll im Leben. Oft sind es Mütter, deren einziger Sinn dann die Kinder sind, weil sie vielleicht schon in Pension sind, keiner sinnvollen Tätigkeit nachgehen oder kein soziales Umfeld und Freunde haben.
Noch viel schlimmer ist die emotionale Erpressung. Das fällt ihnen nicht erst als letzte Lösung ein, nein, das tun sie in diesem Fall schon immer.

Ganz still und leise, nicht offensichtlich und nicht ausgesprochen. Die Mutter war ganz stolz auf das brave Kind. Und brav heißt in diesem Fall, ANGEPASST. Was nie ausgesprochen wurde „ Mein liebes Kind, wenn du nicht brav bist und machst was ich will, vielleicht auch noch widersprichst, dann ist die Mama oder der Papa, ganz traurig und dann mag ich dich nicht“.

So lernte das Kind, „Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig und wenn ich das tue was andere von mir wollen, der Mama ihre Sorgen und Gefühle abnehme zb, dann werde ich angenommen und geliebt!“ Und das ist ein nachhaltiger, sehr einschränkender Glaubenssatz der sich für immer einbrennt und den zwischenmenschlichen Umgang sehr beeinflusst.

Als erwachsenes Kind geht das dann so weiter, wenn nicht die Eltern von der Erziehung zu einer Beziehung auf Augenhöhe wechseln. Oft verpassen sie den Wechsel und bekommen gar nicht mit, dass das Kind schon erwachsen ist, sein eigenes Leben, sein eigenes Geld, seine eigene Familie hat.

Eltern haben oft eine gut getarnte freundschaftliche Beziehung zu ihren Kindern. Die emotionale Erpressung und das Umhängen ihrer Gefühle und Sorgen, das Einmischen geht dann unter dem Deckmantel, „du bist jetzt meine Freundin/mein Freund“ weiter.


Liebe Mütter, liebe Väter!

Wisst ihr wie sehr ihr Eure erwachsenen Kinder damit belastet? Sie machen sich Sorgen um Euch, kümmern sich um Euch, schauen innerlich auf Euch und das ist systemisch komplett verkehrt!

Die Eltern geben und die Kinder nehmen. Nicht umgekehrt. Wenn die Kinder auf ihre Eltern schauen, wie können sie dann präsent in ihrer Gegenwartsfamilie sein? Sich um ihr Leben kümmern und als Vater und Ehemann da sein?

Es kostet den Kindern sehr sehr viel Energie, die ihnen fehlt für ihr Leben, für ihre Beziehung und für ihre Familie! Sie haben dann eine Menge an unterdrückter und aufgestauter Wut in sich die irgendwann entladen werden muss. Im schlimmsten Fall richtet sich diese Wut gegen sich selber werden depressiv oder die Wut bekommt jemand anderer ab, den sie im Grunde gar nicht betrifft, oft die Frau, der Mann oder die eigenen Kinder. Wenn dann die Ehe kaputt geht oder die Enkelkinder so unerzogen sind, dann fühlst du dich wieder bestätigt, dass sie oder er es eben ohne dich nicht schaffen und du musst wieder Einfluss darauf nehmen. Und das Spiel geht weiter.

Wenn ihr alt und gebrechlich werdet, dann können die Kinder für Euch da sein, aber nur wenn es Zeit ihres Leben umgekehrt war, denn sonst können sie nicht mehr, haben sich distanziert von Euch.

Die Erziehung ist etwa im Alter von 14 Jahren vorbei! Was Ihr bis dorthin verabsäumt habt wird nicht mehr. Dann könnt ihr nur mehr vertrauen, dass ihr Eurer Bestes gegeben habt und Eure Kinder was gutes daraus machen!


Liebe Kinder

Wenn Eltern Ihren erwachsenen Kinder nicht ihr Leben leben lassen, sich einmischen, emotional missbrauchen, sie noch immer erziehen wollen, dann liebe erwachsenen Kinder, müsst ihr die Eltern erziehen!

Und das heißt, ABGRENZEN und einen möglichen Konflikt in Kauf nehmen! Die Grenzen aufzeigen und das meist sehr hartnäckig, denn das findet die Mutter oder der Vater dann gar nicht nett, wenn du widersprichst, nicht mehr wie immer funktionierst. Sie werden es immer wieder versuchen. Gib den Eltern immer wieder die Verantwortung und die Entscheidung dafür, wie Eure Beziehung sein kann, nach Euren Regeln. Lernt Nein zu sagen und findet eine Vereinbarung für Kontakt, Besuche, Kinder hüten, Feiern, Weihnachten uvm., die für alle passt. Und im Zweifelsfall für die Gegenwartsfamilie, die junge Familie, passt.

Begegne Ihnen auf Augenhöhe und vor allem sprich es aus, dass sie das nichts angeht, dass du nicht mehr zur Verfügung stehst, dass sie da sein können für Dich und nur dann wenn du sie bittest darum!


Ich danke meinen Eltern ganz besonders dafür, dass sie mich ziehen haben lassen, meinen Weg gehen und meine eigenen Fehler machen haben lassen und das Eine oder Andere auch besser machen haben lassen. Dass sie für mich da waren, wenn ich sie gebraucht habe und hätte und dass sie stolz auf mich sind, egal was ich tue. Sie sind mir auf Augenhöhe begegnet und haben mir vertraut.

Lange habe ich geglaubt, dass es ist ihnen egal was ich tue. Das Gegenteil war der Fall. Sie haben an mich geglaubt, mir Verantwortung für mich gelassen und waren da, wenn ich sie brauchte. Und ich wollte sie nicht enttäuschen, ich glaub ich hab es gut gemacht. Das alles war auch nie ausgesprochen aber es hatte eine ganz andere Wirkung, es hat mir Flügel gegeben!


Einem schönen Buchtitel nach „Ohne Wurzel keine Flügel“ , von Berthold Ulsamer.


Bitte liebe Eltern lasst eure Jugendlichen und erwachsenen Kinder fliegen, ihr habt ihnen die Wurzeln gegeben!

Ich weiß, es ist oft die größte Herausforderung das richtige Mittelmaß zu finden an Fürsorge und loslassen. So unterstütze ich gerne Eltern dabei loszulassen und Erwachsene auch ihre Eltern loszulassen, dass sie auf ihr Leben schauen können und was gutes daraus zu machen.

Was sind Deine Herausforderungen und wobei kann ich dich unterstützen?