Ist Getreide für unsere Gesundheit förderlich?

Hildegard von Bingen sprach schon von " Nahrung als Heilmittel".
Heute fasse ich ein Thema zusammen, womit ich mich seit langem intensiv beschäftige - mit dem Getreide. Ist es wirklich so gesund und liefert es uns wertvolle Inhaltsstoffe und brauchen wir es um gesund zu sein?

Warum bin ich auf dieses Thema gestoßen? Fast täglich kommen Menschen zu mir in die Praxis mit erheblichen Befindlichkeitsstörungen, von Blähungen, Verdauungsstörungen, Unwohlsein nach dem Essen oder lange danach, Allergien und in letzter Zeit zunehmend Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto und Psoriasis. 

Dazu etwas aus der Geschichte: 
Ackerbau und Viehzucht war der Beginn der Sesshaftigkeit des Menschen. Die Fortschritte brachten uns viele Neuerungen und Bequemlichkeiten – aber gleichzeitig auch Probleme und neue (Zivilisations-) Krankheiten.
Die meisten Krankheiten, die mit der Ernährung zusammenhängen können, wie Diabetes, Fettleibigkeit und Atoimmunkrankheiten (Hashimoto, Morbus Chron, Zöliakie…), sind in dem Ausmaß wie sie heute in der Bevölkerung vorkommen relativ neu und scheinen sich zu verbreiten.

Was zählt zur Getreidegruppe:
Unter Getreide versteht man Pflanzen, die zur Familie der Süßgräser gehören und deren Samen – die Getreidekörner – gegessen werden können. Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste, Hafer, Mais und Reis
Vorrangig durch natürliche Züchtung haben sich die ursprünglichen Pflanzen stark verändert. Durch den systematischen Anbau weist Getreide einen hohen Ertrag und hohe Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge, Krankheiten und Klimaeinflüsse auf. Bisher vorrangig in Monokulturen angebaut und gut lagerfähig liefert Getreide als (verarbeitetes) Nahrungsmittel Energie vor allem in Form von Kohlenhydraten.

Getreide hat einen hohen Kohlehydratanteil
Ein Grund warum Getreide ungesund sein kann, ist der hohe Anteil an Stärke bzw. Kohlenhydrate. Diese werden im Körper zu einfachen Zuckermolekülen (Glukose) abgebaut und können dabei relevant den Blutzuckerspiegel erhöhen. Als Antwort auf einen erhöhten Blutzuckerspiegel wird vermehrt Insulin (aus der Bauchspeicheldrüse) ausgeschüttet, wodurch der Zucker vom Blut in die Zellen befördert wird. Isst man ständig hohe Zuckermengen kann dies zu einem ständig erhöhten Blutzucker- und Insulinspiegel führen, was das Risiko an Zivilisationskrankheiten wie Adipositas oder Diabetes zu erkranken erhöhen kann.
Verzichten wir auf Getreideprodukte, so fällt der Hauptlieferant an Kohlenhydraten in unserer Nahrung weg, was einige gesundheitliche Vorteile mit sich bringen kann.

Getreide enthält Anti-Nährstoffe wie Gluten
Ein weiterer Grund auf Getreide zu verzichten, sind die enthaltenen Anti-Nährstoffe, die unserer Gesundheit schaden können. Dazu gehören Lektine/Gluten,Protease Inhibitoren wie ATIs und Phytinsäure. 
Für die Pflanze sind diese Stoffe sehr sinnvoll, da beispielsweise Lektine und Gluten als Fraßschutz der Pflanze dienen. Auch die Phytinsäure ist wichtig für die Pflanze, da sie Mineralstoffe bindet, die dann dem Keimling in seiner Wachstumsphase als Nahrung dienen. Für uns und auch andere Säugetiere sind die Substanzen allerdings schädlich. Wahrscheinlich nicht ohne Grund haben frühere Völker Getreide einer Fermentation unterzogen – wodurch die Nahrungs-Bestandteile für uns verträglicher wurden.
Der Protein-Gehalt und damit Gluten-Gehalt von Getreide hat sich anscheinend nicht relevant verändert. Nicht die Menge des Proteins, sondern dessen Zusammensetzung und/oder die Strukturen der Proteine können sich so verändert haben, dass entsprechend veranlagte Menschen sensibler auf die Veränderungen der Proteine reagieren. Auch die Darmgesundheit(zum Beispiel die Zusammensetzung des Mikrobioms) kann beeinträchtigt werden. 

Die Phytinsäure bindet Mineralstoffe, die uns somit in geringeren Umfang zur Verfügung stehen. Protease Inhibitoren (z.B. ATIs) können die Verdauung stören. Auch sogenannte Gluteomorphine können bei den negativen Wirkungen von Getreide eine Rolle spielen (das wird oft als „benebelt im Kopf“ wahrgenommen).
Bei den Züchtungsvorgängen von Getreide wurde u.a. auf die Höhe der Pflanze und die Größe der Getreidekörner (für einen höheren Ertrag) geachtet – gleichzeitig sank aber der Nährstoffgehalt (zum Beispiel der Spurenelemente Zink, Kupfer, Eisen und Magnesium). Man kennt das Phänomen von großen, aber geschmacklosen Tomaten. Inzwischen stellt aber auch die Nährstoff-Verarmung landwirtschaftlich genutzten Böden ein zunehmendes Problem dar, was den Nährstoffgehalt von pflanzlichen Lebensmitteln weiter verringert.
Das wird in der zunehmenden Fettleibigkeit mit gleichzeitigem Nährstoffmangel sichtbar. Durch die schnelle, hohe Insulinausschüttung und den darauffolgenden drohenden Unterzucker verlangt der Körper bald wieder etwas, Heißhungerattacken sind vorprogrammiert. Heißhunger ist immer eine Aufforderung „ich will Nährstoffe“, der Körper bekommt jedoch nur leere Kohlenhydrate. Man ist im Teufelskreis gefangen. Eine Unterbrechung dessen wird oft wie ein Entzug erlebt und das ist es auch, ein Zuckerentzug. Den Kohlenhydrate werden in Zucker umgewandelt. 

Wie ist es mit dem Reis?
Reis ist eine beliebte Sättigungsbeilage und enthält, typisch für ein Getreide, relativ hohe Mengen an Kohlenhydraten. Vor allem weißer Reis besteht vorrangig aus Stärke, da die Bestandteile mit anderen Nährstoffen entfernt wurden. Die Nährstoffe (aber auch Anti-Nährstoffe) befinden sich vor allem in der Schale eines Reiskorns. Im sogenannten ParBoiled Verfahren können die Nährstoffe aus der Schale auf das Reiskorn übertragen werden, wodurch geschälter Reis auch einen relevanten Anteil von Nährstoffen enthalten kann.
Höhere Mengen an Kohlenhydraten können ungünstige Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel haben – allerdings gibt es Personengruppen, die durchaus einen erhöhten Kohlenhydrat-Bedarf haben. Reis ist eine gute Sättigungsbeilage für sportlich aktive Menschen, Menschen mit einem anstrengenden Beruf und diejenigen die sich gerne vegan oder vegetarisch ernähren. Denn wer mehr Energie am Tag verbraucht, sollte auch mehr aufnehmen.

Quinoa, Amaranth und Buchweizen?
Neben den typischen Getreidearten gibt es sogenanntes Pseudogetreide. Botanisch gesehen gehört Pseudo-Getreide nicht zu den Süßgräsern, sondern zu den Knöterichgewächsen. Die Samen haben ähnliche Eigenschaften wie normale Getreidekörner.
Bekannt sind vor allem Amaranth und Quinoa. Auch Buchweizen hat – außer dem ähnlichen Namen – wenig mit Getreide zu tun. Botanisch gesehen ist er sogar mit dem Rhabarber verwandt.
Gegenüber den meisten Getreidearten hat Pseudogetreide den Vorteil, dass sie kein Gluten enthalten. Darüber hinaus enthalten sie mehr als nur Kohlenhydrate. Amaranth und Quinoa enthalten bspw. relevante Mengen an Eiweiß. Sie besitzen auch bedeutende Mengen an B-Vitaminen und Eisen – wobei tierische Lebensmittel wie Fleisch die besseren Quellen für diese Nährstoffe sind.
Auch wenn Pseudogetreide kein Gluten enthält, gibt es Gründe auf den Verzehr zu verzichten oder ihn zumindest einzuschränken – vor allem dann wenn bereits gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Auto-Immunerkrankungen oder andere entzündliche Erkrankungen vorliegen.
Genau wie andere pflanzliche Lebensmittel enthalten sie Anti-Nährstoffe, wie Lektine, Saponine, Phytinsäure und Protease-Inhibitoren. Saponine sind vor allem in Quinoa in erhöhten Mengen vorhanden, was das Forschungsinstitut für Kinderernährung dazu veranlasste von einem Verzehr von Quinoa bei Kindern abzuraten, da deren Verdauungstrakt noch nicht so robust ist wie der von gesunden Erwachsenen. Auch für Personen mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Zöliakie oder Allergie (hier liegt meist ein entzündlich veränderter Darm dahinter) kann der Verzehr von Nachteil sein. Ein weiterer Nachteil: sie sind keine lokale Alternative.

Ist Mais gesund?
Mais wird häufig zu der Gruppe der Gemüsesorten gezählt, ist aber offiziell eine Getreideart. Mais enthält zwar auch einige wertvolle Nährstoffe, wie Proteine, Eisen oder B-Vitamine, ist aber vor allem eins: reich an Kohlenhydraten. Aber auch Anti-Nährstoffe wie Phytinsäure, genmanipuliert (zumindest Mais aus den USA) und gluten-ähnliche Proteine, eine schwer verdauliche Hülle sind Gründe die gegen Mais sprechen. Auch in Form von Maissirup ist Mais weniger gesund. Dieser Sirup ist reich an Fruktose, welcher in zu hohen Mengen schädlich für uns sein kann und beispielsweise zur Entstehung einer Fettleber beitragen kann.

Hafer?
Hafer gilt als eines der gesündesten Getreide, auch auf Grund seines Ballaststoff-Gehalts. Haferflocken gelten zudem als glutenfrei, jedoch können durch die Verarbeitung Spuren von Gluten enthalten sein. Inbesondere Menschen mit Zöliakie und/oder einer beeinträchtigen Darmgesundheit, die nachweislich auf Gluten reagieren, verlassen sich besser auf Haferflocken, der vom Hersteller als glutenfrei angegeben ist.
Egal ob als Haferbrei, Birchermüsli oder selbstgemachte Haferkekse: Hafer kann eine gesunde Frühstücksalternative und Quelle gesunder Kohlenhydrate sein. 

Ist Urgetreide und Fermentation eine gesunde Alternative?
Urgetreide wie Einkorn, Emmer und Kamut gelten als gesündere Alternative zu Weizen und Co. Denn der Weizen, der heute auf dem Acker wächst und anschließend von uns gegessen wird, ist nicht mehr der, der er es vor einigen Jahrhunderten und Jahrzehnten noch war. Die ursprünglicheren Weizensorten lassen sich jedoch auf Grund der Höhe der Pflanze nicht so gut ernten und bringen pro Pflanze auch nicht so viel Ertrag.
Urgetreide kann für Einige eine Alternative sein, es kommt hier nicht nur auf die Pflanze, sonder auch sehr stark auf die Verarbeitung an.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich auch sehr geschockt war und unvorstellbar für mich  war, Getreide weg zu lassen, im besten Glauben mich sehr gesund ernährt zu haben. Jedoch nach kurzer Zeit hat das Wohlbefinden und das gute Gefühl nach dem Essen die spürbaren Argumente geliefert. Mein Mann hatte nach 1 Woche keine Gelenkschmerzen mehr, das ist natürlich ein Wahnsinn. Und ich gönne mir ab und zu ein gutes Stück Brot, von dem ich weiß wie es hergestellt wurde. 
Stress dich nicht, überlege dir in Ruhe wie du deinen Haushalt und dich umorganisierst. Suche dir zu Beginn ein paar Rezepte für ein Frühstück, für ein Mittagessen auswärts und zum mitnehmen, für das Abendessen. Damit du nicht überrascht wirst hab immer ein paar Nüsse dabei!

Neuroimmunologen forschen seit ein paar Jahren erst und beschäftigen sich mit dem Thema Darm und wie das Mikrobiom mit dem Gehirn zusammen hängt. Es gibt ganz eindeutige wissenschaftliche Studien die Getreide für Entzündungen die wiederum Ursache von Krankheiten sind,  u.a verantwortlich machen. Eine sehr spannende und hoffnungsvolle Disziplin wo Schulmediziner den Menschen als ganzes zu sehen beginnen. Da werden wir in Zukunft noch sehr viel hören! 

Rezepte und viele weiterer Informationen unter paleo360.de.
Quelle: paleo360.de
"Warum Weizen dick und krank mach - Weizenwampe", Dr.Med. William Davis
"Darm mit Charm" – Giulia Enders
"Die Wahrheit über weibliche Depression" , Dr. Med. Kelly Brogan