Meine Weihnachtsgeschichte

Weihnachten ist ja das Fest der Liebe, der Familie......das wird erwartet, das ist der unausgesprochene Auftrag an das Fest und an alle Beteiligten, mindestens von einer Person der Familie.

Uns so kommt es jedes Jahr, meist schon Wochen zuvor zu Anspannungen, Unstimmigkeiten, Streit und Missverständnissen. Bis dahin kann man die offen ausgesprochenen Kränkungen, die nicht angesprochenen Erwartungen und längst fälligen Abnabelungsgespräche gut zur Seite schieben, wie wenn es sie nicht gäbe.

Stille Nacht, heilige Nacht….

Da gibt es die Eltern, schon im reifen Alter. Sie haben mit großem Aufwand zwei wundervolle Kinder erzogen, eine gute Ausbildung war ihnen wichtig, sie haben es sich „vom Mund abgespart“, nur damit aus den beiden etwas Ordentliches wird. Und aus diesem Grund, in ewiger Dankbarkeit verpflichtet, hat jedes Jahr das Weihnachtsfest gleich abzulaufen. Jedes Jahr dieselben Würstel, dieselbe Torte, derselbe Ablauf, dieselben Gespräche und derselbe Ausgang.
Dass die Kinder schon eine eigene Familie haben und auch ein Recht auf ihr eigenes Weihnachtsfest, kommt den Eltern nicht in den Sinn. Die Kinder trauen es sich nicht aussprechen, das können sie ja den Eltern nicht antun, da wäre die Mutter tief traurig und sichtbar enttäuscht, Tage und Monate lang, wahrscheinlich das ganze restliche Leben.

Die Enkelkinder haben schon keine Lust mehr bei der Oma zu singen und Gedichte aufzusagen, und so zu tun als ob sie noch ans Christkind glauben würden, nur weil die Oma so eine Freude damit hat. Denn Weihnachten mit Kindern ist erst richtiges Weihnachten!

Stefan, der Ältere mit seiner Frau und den wunderbaren Enkelkindern. Er hat die Eltern nicht enttäuscht, er hat einen ansehnlichen Beruf als Arzt und seine Kinder sind wahre Genies.

Karin, die Jüngere, hat auch gut geheiratet und nach dem Studium ein Kind geboren. Karin ist überglücklich mit ihrer kleinen Familie, hat sich weitergebildet und sogar einen 2. Beruf erlernt. Ihren Traumberuf, indem sie glücklich und zufrieden in ihrer Praxis selbstständig arbeitet. Leider hat sie ihren sicheren Job aufgegeben, für eine Arbeit, mit der die Eltern und der Bruder so gar nichts anfangen.

Der Wunsch von Karin und ihrer Familie doch heuer endlich zu Hause alleine Weihnachten zu feiern und am 26. zu den Eltern zu fahren wird wieder einmal nicht gehört und durch subtile emotionale Erpressungen vom Tisch gefegt. Sie traut es sich ja gar nicht direkt und klar auszusprechen, denn wie steht sie denn dann da im Vergleich zu ihrem göttlichen Bruder.

Der Bruder nutzt Weihnachten um endlich die Bühne zu rocken, seine teuren Anschaffungen, Urlaube, seine Triumphe und die der Kinder, lauthals darzubringen. Alle applaudieren und die Eltern platzen vor Stolz. Eine Erfolgsgeschichte jagt die andere. Immer wieder kommen subtile Seitenhiebe zu Karin, dass sie nur in ihrem kleinen Häuschen am See sitzt und aufs Wasser schaut....

Karin wird nicht einmal gefragt, wie es ihr geht, was sie denn so treibt im Leben, ob es ihr denn wirklich gut geht. Ob sie glücklich ist mit ihrer Arbeit, was sie denn eigentlich genau macht und ob sie als Selbstständige gut davon leben kann? Ob es ihrer Tochter gut geht und sie Freunde gefunden hat in der neuen Schule, oder bei ihrem Mann alles gut läuft im Job. Ob Sie gesund sind?

Sie sitzt nur als stiller Zuhörer am Tisch und fühlt sich wie immer nicht gesehen und verstanden, darum sagt sie gar nichts, nur um keine kränkenden Bemerkungen zu kassieren.

Von Karin wird zumindest erwartet, dass sie der Mutter in der Küche hilft und alles ganz genau so macht, wie die Mutter es schon immer macht. Und dass ja alle genug zu essen haben.....Brav folgt sie, da kann sie eventuell, wenn der passende Mond stimmt und sie gerade richtig schaut, vielleicht nichts falsch machen und wird vielleicht gelobt. ….Nein, das erwartet sie nicht, es ist ja selbstverständlich, dass sie Papa und den Rest der Familie bedient, wenn sie schon mal da ist. Nicht geschimpft ist genug gelobt!

Endlich ertönt das Glöckchen! Natürlich muss zuerst gesungen werden beim Christbaum. Nur Karin trifft zielsicher keine Töne, wie jedes Jahr! Das war als Kind schon so, sie lernt es einfach nie, wie der Vater verärgert feststellt. Hauptsache, alle Anderen haben etwas zu lachen.

Am Abend wenn alle schon einige Gläser Wein intus haben, dann werden die richtigen Geschenke ausgepackt. Dann bekommt auch Karin endlich etwas, dann wird sie endlich gesehen!

Belehrungen, Abwertungen, du solltest dies und jenes nicht tun, sondern besser das. Der große Bruder neckt die kleine Schwester wie vor 40 Jahren, genau gleich, der Vater hält sich raus und die Mutter sagt nur, sie sollen endlich aufhören zu streiten, es ist doch Weihnachten und wir sind doch eine Familie! Die Mutter ist total hysterisch, sodass erst recht wieder nichts geklärt oder ausgesprochen wird. Betreten und erleichtert, dass es vorbei ist, ziehen dann alle wieder nach Hause und schwören sich, nächstes Jahr nicht mehr mitzumachen!

Kommt dir diese Geschichte bekannt vor?

Mir schon. Ich höre jedes Jahr die irrsten Geschichten, wie in den Familien Weihnachten abläuft. Jede Familie hat ihre eigene Art zu kommunizieren, zu streiten oder auch nicht zu streiten!

Was meine Meinung dazu ist?

Ich erwarte mir prinzipiell von jedem Menschen ein Mindestmaß an Respekt! Das kann jeder aufbringen.

Im Laufe der Zeit wachsen auch Familien auseinander und dennoch bleiben Geschwister häufig in gemeinsamen Verhaltensmustern stecken. Diesen Spagat zwischen der Kindheit und dem Erwachsensein überwinden viele nicht. Die Eltern wechseln nicht von der Erziehung zur Beziehung.

Sie führen als Erwachsene Verhaltensweisen weiter wie sie in der Kindheit miteinander umgegangen sind. Sind schon eigene Kinder da, fällt meist ihnen auf, dass die Mama oder der Papa sich ganz anders verhält, wenn Oma und Opa daneben sind, und noch einmal anders wenn die Schwester, der Bruder dabei ist.
Kränkungen, Gemeinheiten, Stichelein und abwertende Bemerkungen kommen gerade unter Geschwister sehr häufig vor.

Hier meine Empfehlung für einen besseren Umgang untereinander, damit deine Seele auch den Weihnachtsfrieden und die Liebe spüren kann:

Verlange ein Mindestmaß an Respekt und Höflichkeit! Du setzt fest, was genau das ist und dann sprich es aus! Das bleibt dir nicht erspart, wenn du nicht ständig gekränkt werden und erwachsen werden möchtest!


Wie zum Beispiel Karin in Zukunft sagt: „Ich feiere Weihnachten mit meiner Familie und wir kommen gerne am 26. zu Euch. Ich werde immer euer Kind bleiben. Ich bin Mutter, habe eine eigene Familie und wir wollen gemeinsam sein.“

Oder zu ihrem Bruder: „Mich kränken deine Worte und damit ist jetzt Schluss. Wir sind erwachsen und ich möchte, dass du mit mir als Erwachsener sprichst und nicht als mein großer Bruder!“

Oder wenn sie abgewertet wird oder Anweisungen bekommt, was sie zu tun hätte - „Das ist eine interessante Sichtweise die du darüber hast.“ - Punkt, nicht mehr …..


Grenzen setzt du durch ein NEIN und durch GEHEN. Auch wenn es die Familie ist, du musst nicht alles aushalten, über dich ergehen lassen. Das würdest du dir von Fremden auch nicht gefallen lassen. “Der ist halt so”, ja das mag schon sein, aber mit mir nicht!
Geh in deine Selbstverantwortung und in dein erwachsen sein und sprich es aus. Damit bekommst du eine innere Klarheit und Stärke, eine aufrichtige Haltung, dein Gegenüber nimmt dich ernst und so verschaffst du dir Respekt. Wenn du aus deinem erwachsenen Ich sprichst und handelst, hat dein Gegenüber auch die Möglichkeit darauf zu reagieren. Ob er die Chance nützt, ist letztendlich seine Entscheidung.

In diesem Sinne wünsche ich dir ein wundervolles Weihnachtsfest!

Fröhliches Fest Anita